Der Weg ist das Ziel - der Weg ist das Bild.
Wege kommen meiner hibbeligen Natur gerade recht. Auf einem Weg bin ich immer in Bewegung. Es sei denn, ich mache eine Pause. Aber die ist gewöhnlicherweise kurz genug, um am anderen Ende schon den Aufbruch auftauchen sehen zu können. Wege bringen mich dazu, die besten Gedanken zu haben. Das missliche ist, dass es beim Laufen bergauf, bergab, durch Menschenmassen oder Unterholz etwas beschwerlich wird, all die guten Gedanken aufzuschreiben. Hier müsste ich einen privaten Schreiber, oder noch besser einen Sklaven an meiner Seite haben, der nicht nur meine geistigen Ergüsse aufschreibt, sondern mir bei der Gelegenheit auch Tee, Kaffee und andere Erfrischungen serviert. Aber wir sind ja heutzutage zivilisiert, gegen Sklaverei und Ausbeutung, und so verschwinden meine glorreichen Gedanken genauso unnotiert in den Büschen, wie sie sich daraus an mich herangepirscht haben.
Und was bleibt ist der Weg. Hinter jeder Biegung neue Aussichten und andere Eindrücke, Atmosphären entstehen und verändern sich mit jedem Meter, den man vorankommt und zurückblickt. Wege sind das Ziel und als solches jeden Meter wert.
Zusammengestellt habe ich also diesmal die schönsten unter den Wegebildern, die ich in meinen unzähligen Fotoordnern finden konnte.
Ein neues Jahr hat angefangen, vor uns liegen noch über 350 Tage und genausoviele Wege, die wir gehen können, müssen, sollten, wollen ... Ich wünsche Ihnen allen, dass diese Wege, einzeln oder zusammen, genau das richtige Maß an Herausforderung, Freude, Abwechslung und Inspiration bieten.
Ich liebe den Carmelmarkt, aber er ist nicht gerade der Inbegriff eines blankpolierten Einkaufstempels. Immer ein wenig schmuddelig in den Ecken und nach Feierabend auch ganz unverblümt abgeranzt, muss man schon den Blickwinkel ein wenig anpassen, um hier Glanz und Glitter zu finden.
Auch Wege können ins Wasser fallen, nur wartet darin wahrscheinlich nicht das Wrack eines alten Kutters. Wenn man denn schon beim Fall ins Nass etwas findet, wäre es besser, anstelle von rostigem Eisen auf Muscheln voller Perlen oder einen Piratenschatz zu stoßen.
Manchmal können Wege ganz schön holprig sein. Die Rinnen in der Straße wurden vor über 1500 Jahren von den metalbeschlagenen Rädern von Karren und Wägen in die Pflastersteine gekerbt. Als Fahrgast in derart schlecht gefederten Karossen hatte man nach überstandener Fahrt wahrscheinlich einen Bandscheibenvorfall oder eine Gehirnerschütterung ... So gesehen, ist das Stolpern zu Fuß auf antiken Wegen doch geradezu ein Vergnügen.
Wenn die Landschaft aussieht wie die Auslage eines Bio-Gemüseladens, dann ist in Israel Frühling. Und buchstäblich kommt nicht nur das Auge, sondern auch der Gaumen auf seine Kosten, Spargel, Malve, Fenchel und Pekannüsse warten nur drauf im Vorbeiwandern geerntet zu werden.
Kein Tal ist so wildromantisch wie das des Kzivflusses. Die Ritterburg inbegriffen! Gerade an einem heißen Sommertag ist man hier bestens aufgehoben. In unzähligen Pools kann man sich so weit herunterkühlen, dass einem die sengende Sonne bis zum Erreichen der nächsten Naturschönheit nichts ausmacht. Und dort wartet dann schon der nächste Pool.
Die Wüste fordert uns Respekt ab. Sie verlangt von uns näher heranzutreten und genau hinzuschauen. Tun wir das nicht, bleibt uns ein großer Teil ihrer Schönheit verborgen.
Noch so ein Stolperpfad, aber was für einer! Mit Ausblicken nach Syrien und in den Libanon, und wer die Augen senkt, kann unglaubliche Felsformationen, geschaffen aus Wasser und Feuer bewundern. Da macht es (fast) nichts aus, wenn man ab und zu hängenbleibt oder strauchelt.
Die Römer und die Ausrichtung ihrer Stadtstraßen nach den Himmelsrichtungen sind dafür verantwortlich, dass am Spätnachmittag die Sonne aus dem Löwentor herausscheint wie der Lichtkegel aus einer Taschenlampe. Die dahinterliegende Lions-Gate-Straße war nämlich in antiker Zeit ein Decumanus, eine ost-west ausgerichtete Hauptstraße. Zwar stimmt das mit der Ostwestfluchtung heute nicht mehr so ganz genau, der Effekt ist dennoch beeindruckend. Man muss nur eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.
Wasserwanderpfade sind mir die liebsten, zumindest im Sommer. Sandalen mit solider Sohle sind ein Muss, denn unter der glatten Wasseroberfläche verbirgt sich ein holpriger Grund. Gut beraten ist also der, der weiß, wie man die Hindernissen galant umgehen kann.
Auf manchen Wegen muss man mit Pauken und Trompeten maschieren! Vielleicht wird es Weihnachten 2021 in Bethlehem wieder möglich sein ganz ungezwungen und eingezwängt zwischen unmaskierten Menschen am Straßenrand zu stehen, und dem Aufmarsch der Pfadfinder zuzuschauen. Wünschen werde ich es uns!
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